Die Überschrift lässt es schon erahnen: Haftbefehl haben mit ihren knapp 12 Mio. Klicks nicht nur von Offenbach aus das Internet, sondern auch die Jugendsprache aufgemischt. „Babo“ ist das deutsche Jugendwort 2013 und somit Nachfolger von „YOLO“. Im englischsprachigen Raum wurde es übrigens „Selfie“.
Neben dem Bekanntmachen des Begriffs gestehe ich Haftbefehl auch die Credits für einen ziemlich guten Beat ein. Damit eins ihn anhören kann, ohne den Text mitzuhören, haben Ticktickboom ihre eigene Version draus gemacht: Rapper wissen wer die Zecken sind.
Gerade las ich mir die Liste der 30 nominierten Jugendwörter des Jahres durch und musste feststellen, dass ich ein Viertel mit anderer Bedeutung kenne, ein großer Teil vielleicht in den frühen 2000ern relevant war, 15% noch nie gehört habe und 10% tatsächlich relevant schienen.
Bei „Babo“ muss ich sagen, dass es dieses Jahr wirklich allgegenwärtig war. In der Frankfurter U-Bahn, auf Berliner Hinterhöfen, in der niedersächsischen Kleinstadt und auf dem Freiburger Campus drehte ich mich häufig beim Klang dieses Wortes um.
Schaue ich mir die restliche Liste an, fragte ich mich allerdings oft: Why?
Gleich an zweiter Stelle steht „Hakuna Matata“, welches wohl für „alles klar“ steht. Ich muss sagen, dass ich dies häufig im Zusammenhang mit rassistischen Kommentaren über Menschen aus „dem Land Afrika“ gehört habe. In dieser Entfremdung ist es in meinem Umfeld bisher noch gar nicht aufgetreten.
Ähnlich sieht es mit „gediegen“ aus. Ich kenne es nur als Synonym für „gehoben“, „fancy“ oder „posh“, Jugendliche™ nutzen es scheinbar als „lässig“.
Laut gelacht habe ich über „genascht“ als „egal“ oder „unwichtig“: Ich stelle mir einen weißen 15-jährigen mit Cap und Akne vor, der seiner Gang über den Bahnhofsvorplatz „Macht nichts, ist genascht!“ zuruft. Zwei Minuten später ist es vermutlich dieselbe Person, die ein hübsches, vorbeilaufendes Mädchen als „Eyecandy“ bezeichnet und von seinen Chabos „hormongeflasht“ genannt wird. Bezeichnungen zur Verstärkung mit „-Lord“ enden, das kommt in dieser Gruppe vielleicht auch vor. Zum Beispiel in der heterosexistischen Variante „Gaylord“. (Mich wundert es, dass „no homo“ gar nicht vorkam, bei diesen anderen diskriminierenden Begriffen.)
Klassismus grüßt bei „Assizwerg“ und bei „Ghettocheck“ als Synonym für „unterwegs im Wohnviertel“ verwandelte meine Miene sich in ein Bitchface. (Überhaupt: Wo bleibt Bitchface? HallOooOO?) Das „Eckenkind“ ist eine Person ohne Freund_innen und die „TMI-Hose“ sind zu enge Hosen, bei denen „zu viel“ zu sehen ist. (Hoffentlich meinen sie damit keine Leggings, sonst ist meine Hand ready to schell.)
Verstört hat mich, dass „geilo meilo“ in der Liste steht. Dieses Wort verbinde ich mit dem Jahr 2003. Damals, als es cool war, diese dunkelblauen Daunenjacken von Fila oder Helly Hansen zu tragen. Damals, als die Döner-Tüte neu auf den Markt kam und alle weißen Jungs verkrampft versuchten, wie Kaya Yanar zu sprechen und nach jedem zweiten Satz „Voll konkret korrekt, Alter!“ gesagt haben. (Ja, sie versuchten es sehr stark.)
Dann gibt es diese Wörter, die seit Jahren auf dem Markt sind und schon zum festen Bestandteil meines Vokabulars geworden sind: „fame“, „awkward“, „spotten“, „Sis“ (okay, ich benutze es nicht, but still), „forever-together-Beziehung“, „in your face“ (schöne Übersetzung auch: „Da hast du’s!“/“Jetzt hab ich’s dir gegeben!“ Diese Sätze muss ich unbedingt öfter in meine Comebacks einbauen). Schöne Vorschläge, muss ich sagen. Allerdings eher dann, wenn es um das Jugendwort des Jahres 2007 gegangen wäre. So muss ich sagen: Netter Versuch, aber das kann nicht euer Ernst sein.
Mit „Fotobombing“ kommen wir dem Ganzen schon so viel näher. Diese Aktivität gibt es schon seit Jahrzehnten und wird endlich mit einem schicken Anglizismus auch in Metropolen wie Walldorf benannt – so wie damals (aka 2011) die Denkerpose unter dem Namen „Fistbowing“ ihr Comeback erleben durfte.
Witzig fand ich auch YOLBE (you only live bis Elternsprechtag) und „dezosozialisiert“ (hab ich tatsächlich schon mal gehört!).
Noch nie gehört hab ich hingegen „billow“ – wie spricht eins es überhaupt aus? – und „Movinger“. „Oberfail“ ist wohl der eingedeutschte Bruder von „epic fail“.
Von euch würde ich gern wissen, was eure „Jugendwörter“ des Jahres waren. Irgendwelche Begriffe, bei denen ihr dachtet „wooah, ich fühle mich so jugendlich, wenn ich das sage!!!11“ oder schicke Anglizismen, die ihr gern genutzt habt?